“Schwalingen war früher stark
bevölkert”, schreibt Pastor Wilhelm Wittkopf
1899 in seiner ‘Geschichte des Kirchspiels
Neuenkirchen im Kreise Soltau’, “und das
war auch der Grund davon, daß die
Auswanderung dort immer am stärksten
war. Sie verließen das Dorf und gingen nach
Iowa und Nebraska. Mehrere Höfe wurden
parzelliert und viele Häuser abgebrochen
oder blieben leer. Dadurch hat das Dorf Luft
bekommen und nun kann sich der Rest vom
Ackerbau nähren.”
Was Pastor Wittkopf hier beschreibt,
erzählen auch die Zahlen der Bevölkerungs-
entwicklung im Heidedorf Schwalingen: Im
Jahr 1740 hatte Schwalingen 157 Einwohner,
1812: 176, nach dem Ende der "Französischen
Zeit" im Jahre 1815: 219, im Jahre 1823 schon
252 Einwohner, die bis 1848 auf 357
Menschen anwachsen.
Mit Einsetzen der Auswanderungen in
Schwalingen verringert sich die Bevöl-
kerung des Dorfes leicht: 1871 sind es 327
Menschen auf 47 Hofstellen, darunter 23
kleine Anbauerstellen! Aber 1910 werden
bereits wieder 378 Schwalinger im Dorf
gezählt. Nach dem 1.Weltkrieg setzt daher
die Auswanderung aus Schwalingen für
einige Jahre wieder verstärkt ein.
Aber diese Entwicklung fand natürlich
nicht nur in Schwalingen statt, sondern im
ganzen Kirchspiel Neuenkirchen und in
ganz Deutschland.
Das enorme Bevölkerungswachstum in
Deutschland und in ganz Europa war die
Folge der Steigerung der landwirtschaft-
lichen Produktivität und das Fortschreiten
der Industrialisierung - aber auch des
medizinischen und sanitären Fortschritts,
was insbesondere die Überlebenschancen
der Neugeborenen und Kleinkinder deutlich
verbesserte.
Die Schattenseite des Bevölkerungs-
wachstums ist die Verarmung großer Teile
der Bevölkerung, besonders auf dem Lande.
Es gibt einfach nicht genug Arbeit für die
wachsende Anzahl der Menschen.
Ein Ausweg bietet sich für viele
Menschen in der Auswanderung, besonders
nach Amerika. Sie setzte in der ersten Hälfte
des 18.Jahrhunderts in Südwest-Deutschland
ein und erreichte nach dem Ende der
"Französischen Zeit" zu Beginn des
19.Jahrhunderts dann Norddeutschand und
damit auch unsere Gegend. Auschlaggebend
war die Lockerung der bis dahin bestehenden
Auswanderungsverbote für die Untertanen,
wie es 1814/1815 die am “Wiener Kongress”
teilnehmenden Länder untereinander
vereinbarten. Auch im Königreich Hannover
wird das Auswanderungsverbot später
gänzlich aufgehoben.
Die Vereinigten Staaten von Amerika
bleiben das ganze 19.Jahrhundert und im
frühen 20.Jahrhundert das Hauptziel der
Auswanderer aus Deutschland. Nach 1820
schwillt der Auswandererstrom stark an. Mit
der Entwicklung der Dampfschiffe wird die
Überquerung des Atlantiks schneller und
weniger gefahrvoll.
Werbekampagnien staatlicher
amerikanischer Einrichtungen locken mit
freier Landnahme. Auch die schon früher
Ausgewanderten selbst tragen durch ihre
Briefe und Heimatbesuche dazu bei, dass sich
immer mehr Menschen für die
Auswanderung entscheiden. Denn statt der
Arbeitslosigkeit und Armut in der Heimat
bietet sich in der "Neuen Welt" freier Boden,
persönliche Freiheit, Sicherheit vor Krieg
und eine gesicherte wirtschaftliche Existenz,
die auf Eigentum gegründet ist.
Von den knapp 6 Millionen Deutschen,
die zwischen 1820 und 1928 Deutschland
verließen, wanderten fast 90% nach Amerika
aus. Zwischen 1850 und 1890 sind Deutsche
die größte Einwanderergruppe in Amerika.
Die Volkszählung in den Vereinigten
Staaten von Amerika im Jahre 2000 kommt
zu dem Ergebnis, dass Amerikaner mit
deutscher Abstammung die größte
Bevölkerungsgruppe stellen: 15,2% -
darunter auch die Nachfahren all der
Auswanderer aus dem Heidedorf
Schwalingen.
Auswanderer
aus dem Heidedorf Schwalingen
Hannover,
vom Königreich zur
preußischen Provinz.
zum Auswählen:
Aus Armut und Enge in die Zukunft der “Neuen Welt”.