auf der Farm von Hermann Heinrich Böhling in Nebraska, 1900er Jahre Nachricht von Hinrich Karl Böhling an seine Eltern in Schwalingen
“Schwalingen war früher stark bevölkert”, schreibt Pastor Wilhelm Wittkopf 1899 in seiner ‘Geschichte des Kirchspiels Neuenkirchen im Kreise Soltau’, “und das war auch der Grund davon, daß die Auswanderung dort immer am stärksten war. Sie verließen das Dorf und gingen nach Iowa und Nebraska. Mehrere Höfe wurden parzelliert und viele Häuser abgebrochen oder blieben leer. Dadurch hat das Dorf Luft bekommen und nun kann sich der Rest vom Ackerbau nähren.” Was Pastor Wittkopf hier beschreibt, erzählen auch die Zahlen der Bevölkerungs- entwicklung im Heidedorf Schwalingen: Im Jahr 1740 hatte Schwalingen 157 Einwohner, 1812: 176, nach dem Ende der "Französischen Zeit" im Jahre 1815: 219, im Jahre 1823 schon 252 Einwohner, die bis 1848 auf 357 Menschen anwachsen. Mit Einsetzen der Auswanderungen in Schwalingen verringert sich die Bevöl- kerung des Dorfes leicht: 1871 sind es 327 Menschen auf 47 Hofstellen, darunter 23 kleine Anbauerstellen! Aber 1910 werden bereits wieder 378 Schwalinger im Dorf gezählt. Nach dem 1.Weltkrieg setzt daher die Auswanderung aus Schwalingen für einige Jahre wieder verstärkt ein. Aber diese Entwicklung fand natürlich nicht nur in Schwalingen statt, sondern im ganzen Kirchspiel Neuenkirchen und in ganz Deutschland. Das enorme Bevölkerungswachstum in Deutschland und in ganz Europa war die Folge der Steigerung der landwirtschaft- lichen Produktivität und das Fortschreiten der Industrialisierung - aber auch des medizinischen und sanitären Fortschritts, was insbesondere die Überlebenschancen der Neugeborenen und Kleinkinder deutlich verbesserte. Die Schattenseite des Bevölkerungs- wachstums ist die Verarmung großer Teile der Bevölkerung, besonders auf dem Lande. Es gibt einfach nicht genug Arbeit für die wachsende Anzahl der Menschen.
Ein Ausweg bietet sich für viele Menschen in der Auswanderung, besonders nach Amerika. Sie setzte in der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts in Südwest-Deutschland ein und erreichte nach dem Ende der "Französischen Zeit" zu Beginn des 19.Jahrhunderts dann Norddeutschand und damit auch unsere Gegend. Auschlaggebend war die Lockerung der bis dahin bestehenden Auswanderungsverbote für die Untertanen, wie es 1814/1815 die am “Wiener Kongress” teilnehmenden Länder untereinander vereinbarten. Auch im Königreich Hannover wird das Auswanderungsverbot später gänzlich aufgehoben. Die Vereinigten Staaten von Amerika bleiben das ganze 19.Jahrhundert und im frühen 20.Jahrhundert das Hauptziel der Auswanderer aus Deutschland. Nach 1820 schwillt der Auswandererstrom stark an. Mit der Entwicklung der Dampfschiffe wird die Überquerung des Atlantiks schneller und weniger gefahrvoll. Werbekampagnien staatlicher amerikanischer Einrichtungen locken mit freier Landnahme. Auch die schon früher Ausgewanderten selbst tragen durch ihre Briefe und Heimatbesuche dazu bei, dass sich immer mehr Menschen für die Auswanderung entscheiden. Denn statt der Arbeitslosigkeit und Armut in der Heimat bietet sich in der "Neuen Welt" freier Boden, persönliche Freiheit, Sicherheit vor Krieg und eine gesicherte wirtschaftliche Existenz, die auf Eigentum gegründet ist. Von den knapp 6 Millionen Deutschen, die zwischen 1820 und 1928 Deutschland verließen, wanderten fast 90% nach Amerika aus. Zwischen 1850 und 1890 sind Deutsche die größte Einwanderergruppe in Amerika. Die Volkszählung in den Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 2000 kommt zu dem Ergebnis, dass Amerikaner mit deutscher Abstammung die größte Bevölkerungsgruppe stellen: 15,2% - darunter auch die Nachfahren all der Auswanderer aus dem Heidedorf Schwalingen.
Arbeitslosigkeit und Auswanderung in Deutschland 1850-1900

Auswanderer

aus dem Heidedorf Schwalingen

Hannover, vom Königreich zur preußischen Provinz.
- 2020
zum Auswählen:

Aus Armut und Enge in die Zukunft der “Neuen Welt”.